Erfahrungen mit einem überschätzten Verkehrsmittel
Der E-Roller. Schneller von A nach B. Kein CO²-Ausstoß und umweltfreundlich. Flexibel und spaßig. Verkehrsentlastend und nachhaltig. So das Versprechen. Ist es zu halten?
Sascha Brathe, unser Autor und Beobachter der E-Bike-Szene in Bonn, sieht das anders. Das Fazit des Leiters der Geschäftsstelle von H&G Bad Godesberg ist ernüchternd: „Durch E-Roller wird die Stadt – zumindest nicht nennenswert – weder autofreier/entlastet noch CO²-ärmer. Sind die angeblichen Umweltvorteile eine geschäftstüchtige Täuschung der E-Bike-Bauer?
Morgens, 6:30 Uhr, Sascha Brathe fährt durch Bonn. Das sich ihm bietende Stadtbild empfindet er mittlerweile als unerträglich. Die E-Roller-Plage greift um sich. Die E-motorisierten Roller liegen kreuz und quer verteilt auf Gehwegen, in Gebüschen, auf Autoparkplätzen, vor Hauseingängen, an Hauswänden, an Sitzplätzen, auch schon mal auf der Straße selbst! Einige landen auch im Rhein, von der Brücke geworfen oder der Promenade, vielleicht in der alkoholisiert erzeugten Hoffnung, die Roller würden zu Amphibienfahrzeugen und lernten schwimmen. Optisch in der Minderheit sind die ordentlich abgestellten E-Roller, die dann in Reih und Glied zumeist in 4er Grüppchen an eben denselben Schauplätzen zu besichtigen sind. Verbessert das Stadtbild aber auch nicht! Das Unansehnliche wirkt nur ordentlicher.
Dabei haben wir doch so viele Vorschriften, die unser schönes Stadtbild eben erhalten sollen – sei es die vorgeschriebene Bepflanzung, den Dankmalschutz, die Reklamevorgaben, die Regelung der Außengastronomie, usw., und dann sieht man E-Roller überall und wie sie alle Anstrengungen eines schönen Stadtbildes übertünchen. Bei all den Vorschriften wurden Bußgelder für Falschabsteller offenbar vergessen – oder sie werden nicht verhängt.
Schlechte Umweltbilanz und kurze Lebenszeit für Fun-Faktor
Neben der misslungenen Optik kommt hinzu: Die Umweltbilanz des Rollers ist katastrophal. Kein PWK-Fahrer dürfte wegen eines E-Rollers umgestiegen sein. Ein Autodach zeigt vor allem bei Nässe und Kälte seine Stärken. Gepäckträger wurden beim Roller vermutlich vergessen. Die Reichweite des Zweirads ist begrenzt. Was bleibt ist der Fun-Faktor für vorwiegend jüngere Semester.
Auch Lebenszeit spricht nicht für den E-Roller. Das Umweltbundesamt berechnet sie mit nur 1-3 Monaten, zwischen 30 und 90 Tagen. Die Geräte werden stark beansprucht werden. Es gibt keine optimalen Ladezyklen für die Akkus. Die Roller werden alle zum „Einsammelzeitpunkt“ in Transporter verladen und die Akkus dort aufgeladen – egal, ob leer oder halbvoll (und ja richtig, benzingetriebene Transporter fahren alltäglich zum Einsammeln durch die gesamte Stadt!). Da wird uns also immer etwas von Umweltschutz und Ressourcenverbrauch gepredigt und dann… na egal!
Roller als Konkurrent
Dann ist da noch der normale Stadtverkehr. Eine Stadt wie Bonn hat es schon schwer, den Fahrrad- und Autoverkehr unter einen Hut zu bekommen. Unsere Straßen sind schon zu eng für die einzuhaltenden 1,50 m, nun kommen die E-Roller auch noch hinzu und die Leitragenden sind die Fußgänger und Autofahrer. Für Letztere wäre es mittlerweile einfacher, wenn man nur Schilder aufstellen würde, auf denen das normale Fahren erlaubt ist!
Sascha Brathes Beobachtungen führen zu einem kritischen Ergebnis: „, Der E-Roller animiert vor allem Jüngere zur schnelleren Fortbewegung. Sonst bietet er keine Vorteil, erst Recht keinen Beitrag zur entlastenden, sichereren und umweltbewussteren Fortbewegung. Ich beurteile das Gegenteil.“!
Brathes Konsequenz? Zumindest der Verleih sollte wieder abgeschafft werden. Bei selbst gekauften E-Rollern kann man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass weniger und sicherer gefahren, nicht wild geparkt wird, der Umgang mit dem Eigentum pfleglich ist, die Langlebigkeit größer wird. Seine Alternative: „Bevorzugen würde ich allerdings das schon länger auf dem Markt existierende E-Bike, denn mit seinem „motorunterstützten Strampeln“ tu‘ ich auch etwas für meine Gesundheit und kann sogar noch Dinge transportieren!“